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„Ich habe keine Zeit!“ – Pandemie unserer modernen Zivilisation


Wie oft hören wir diese Worte von anderen, wie oft sprechen wir sie selbst aus in entschuldigendem, genervtem, gehetztem oder gar wütendem Ton? So viel gibt es zu tun, zu machen, zu erledigen, zu bewältigen und immer wieder sagen wir uns vor „wenn das endlich getan ist, dann werde ich wieder mehr Zeit haben“ für mich selbst, für meine Lieben, für das Schöne, für die Muße, für das LEBEN. Aber erfahren wir nicht, dass dieses „Später“ nie wirklich eintrifft, weil es natürlich von anderen Dingen, die erledigt werden, von anderen Herausforderungen und Krisen, die bewältigt werden müssen, nahezu nahtlos abgelöst wird? Und wieder und wieder vertagen wir das Wahre, Gute und Schöne auf „Nachher“. So vergehen Tage, Wochen, Monate und Jahre.

So manche*r wird sich erst am Sterbebett voller Bedauern und Trauer dieser Irrsinnigkeit und der Unwiederbringlichkeit eines ungelebten Lebens bewusst.


Dieser unheilsame Umgang mit Zeit des gehetzten modernen Menschen ist eine der Hauptursachen körperlicher und psychischer Stresserkrankungen und hat ebenso gravierende Auswirkungen auf sozialer Ebene.

Wie viele Krisen, Missverständnisse und Streitigkeiten – sei es im Beruf, in der Familie oder zwischen Freunden – haben ihre Ursache in dem kalten Wort „Ich habe keine Zeit!“. Eine heilsame Beziehung zu uns selbst und anderen braucht Raum und Zeit und muss gepflegt werden. So brauchen wir offensichtlich ein richtiges Verhältnis zur Zeit, um Liebe als höchste soziale Kraft in uns zu entwickeln. Ohne das geraten wir alle auf den Weg zunehmender Lieblosigkeit, allzu oft getrieben durch falschen Ehrgeiz oder die Überschätzung materieller Güter, die wir auf Kosten der inneren Werte erstreben, obwohl deren Entfaltung unser wahres Menschsein ausmacht.


Wir können lernen, mit dem kostbaren Geschenk der Zeit heilsam umzugehen, um in Euchronie* – in Wohl-Zeit – zu leben. Dies setzt unser bewusstes Einwirken im Sinne einer Rhythmisierung unseres Lebens voraus.

Die Kraft des Rhythmus ist Urvoraussetzung des Lebens. Wir können die rhythmischen Prozesse in der Natur beobachten, wie zum Beispiel Tag und Nacht, Ebbe und Flut und der Wechsel der Jahreszeiten. Ebenso ist unser Körper – der ja Teil der Natur ist - von rhythmischen Prozessen bestimmt, wie der Herzschlag, das pulsierende Strömen der Flüssigkeiten oder die Zeiten von Aktivität und Regeneration unserer Organe („Organ-Uhr“).


Der Ur-Rhythmus unseres Lebens, das Wechselspiel von Wachen und Schlaf, zeigt uns, wie das Wesen jedes echten Rhythmus darin besteht, zwischen Polaritäten zu vermitteln und gegensätzliche Spannungsfelder oder Funktionsphasen zu einer harmonischen Einheit zu führen.

Dies ist die Vorbedingung für körperliche und seelische Gesundheit. Die Basis unsere Kraft und unserer Heilungs- und Regenerationsfähigkeit.


„Zeit haben“ bedeutet gewissermaßen, immer wieder die rhythmische Mitte zu finden zwischen den zumeist einander entgegengesetzten Anforderungen und Pflichten, Wünschen und Vorhaben des Lebens. So können wir der Dyschronie** unserer Zivilisation entgegenwirken, indem wir im rechten Augenblick der Hast und Hetze die Zeitspanne der selbstgewählten Ruhe entgegensetzen. Der Anspannung die gezielte Entspannung. Der Übergeschäftigkeit die sinnerfüllte Pause. In rhythmischer Folge.

Wenn du in dieser Weise dein Leben bewusst rhythmisch gliederst, wirst du mehr Zeit haben.

So hast du überhaupt erst die Kraft, dein Leben sinnerfüllt und lebendig zu gestalten und die Power, um deinen Beitrag zu leisten, die Welt zu verändern!


Anmerkungen:

*Euchronie: bewusster, heilsamer Umgang mit Zeit, „Wohl-Zeit“

**Dyschronie: falscher, krankmachender Umgang mit Zeit

Die schräg geschriebenen Abschnitte sind Zitate aus „Die Nervosität – Ich habe keine Zeit“ von W. Bühler, A. Schütze und R. Treichler




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